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Buchvorstellung

Siebenschläfer, Gartenschläfer und Haselmaus, seltene Bewohner der Wälder, Streuobstwiesen und Hecken

Siebenschläfer, Gartenschläfer und Haselmaus, seltene Bewohner der Wälder, Streuobstwiesen und Hecken

Die Bilche (Gliridae), auch Schläfer oder Schlafmäuse genannt, gehören zur Ordnung der Nagetiere (Rodentia). In Deutschland sind vier Arten heimisch: Siebenschläfer, Gartenschläfer, Baumschläfer und Haselmaus. Der Baumschläfer (Dryomys nitedula: Gesamtlänge bis 20 cm, Körpergewicht zwischen 10-40 g) führt ein sehr verstecktes Leben und wird in der Roten Liste für Deutschland als „extrem selten“ eingestuft. Er kommt noch in den Alpen vor (letzter Nachweis im Bayerischen Wald: 1955 im Kreis Freyung). Die Lebensräume der Bilche sind Wälder, Obstgärten, Feldgehölze, Weinberge, Parks, manchmal auch Jagdhütten, Wochenendhäuser, Scheunen, Hochsitze oder andere Bauwerke in Waldnähe. Dort fallen sie durch ihr Poltern, Schreien und Quieken auf, oder auch dadurch, dass sie ihre Nester an Stellen anlegen, die eigentlich nicht für sie vorgesehen sind, z.B. in der Schale mit Äpfeln auf den Tischen der Jagdhütten und der Wochenendhäuser. Bei allen vier Arten handelt es sich um Nager mit buschigen Schwänzen, weichem, dichtem Fell, großen Augen und kleinen runden Ohren. Sie sind nachtaktiv und halten sich tagsüber in Baumhöhlen, Erdlöchern, Nistkästen oder Vogelnestern verborgen. Das besondere Merkmal aller  Schlafmäuse, dem sie auch ihren Namen verdanken, ist ihr langer Winterschlaf von 7-9 Monaten, oft von Anfang September bis März oder Mai. Als Quartiere für den Winterschlaf dienen, nachdem sich die Bilche im Herbst ein Fettpolster angefressen haben, Ast-, Specht- oder Erdhöhlen. Sie werden mit Laub, Moos, Gras oder Haaren ausgelegt. Die meisten Bilche graben sich jedoch ins Erdreich ein und halten in einer Tiefe von einem halben bis einem Meter ihren Winterschlaf. Er wird von kurzen Aufwärm- und Aufwachphasen unterbrochen. Oft überwintern mehrere Tiere gemeinsam. Um den Wärmeverlust zu verringern, rollen sie sich zusammen und reduzieren damit die Körperoberfläche. Trotzdem ist die Verlustrate, vor allem in kalten Wintern, sehr groß.

Siebenschläfer, Gartenschläfer, Baumschläfer und Haselmaus gehören zu den seltenen Säugetieren Europas. Alle Schlafmäuse sind deswegen bundesweit durch die Bundesartenschutzverordnung in Verbindung mit dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Bei der Haselmaus sind die Daten zur Verbreitung, Biologie und Gefährdung mangelhaft. Im Anhang IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) wird sie in Europa als streng geschützt, von gemeinschaftlichem Interesse, aufgeführt.

Siebenschläfer (Glis glis)
Als größter einheimischer Bilch ist der nachtaktive Siebenschläfer die am meisten verbreitete Art.  Seine Körperlänge beträgt ca. 30 cm bei einem Gewicht zwischen 60–200 g. Von weitem ähnelt er einem kleinen Eichhörnchen, mit dem er die Anpassung an das Leben in den Bäumen gemeinsam hat. Die Färbung der Oberseite ist aschgrau mit schwarzem Anflug. Das Weiss oder Gelbliche des Unterkörpers ist deutlich abgesetzt. Seine Ohren sind klein und rundlich, die Augen groß. Siebenschläfer sind gute Kletterer und besitzen an jeder Fußsohle 6 Blasen mit reichlich Drüsensekret und aufgeblähten Haftschwielen an den Zehenspitzen, so dass sie nirgends abrutschen. Als Tier der Ebene bewohnt der Siebenschläfer die Baumkronen älterer Laubmischwälder, vor allem alte Buchen-, Esskastanien- und Eichenbestände, Parks, Gärten, Weinberge und Streuobstwiesen, jedoch keine reinen Nadelwälder. Als Nahrung dienen Eicheln, Nüsse, Bucheckern, Kastanien, Pilze, Obst, Knospen, Blüten, Kerbtiere, Vogeleier und Jungvögel, bisweilen auch Drohnenbrut aus Bienenkästen. Den Tag verschlafen die bodenscheuen Nachttiere oft zu mehreren in Baumhöhlen oder Nistkästen. Gelegentlich besiedeln Siebenschläfer im Herbst, manchmal auch ganzjährig, Garten- oder Wochenendhütten und Bienenstände. Ihre nächtlichen Aktivitäten sind dann kaum zu überhören. Das Winternest legen die Siebenschläfer besonders sorgfältig an. Es wird gut versteckt unter alten Baumstümpfen, im Wurzelwerk von Bäumen oder in verlassenen Mäusehöhlen 50–100 cm tief im Boden mit Laub und Moos ausgepolstert und mit Vorräten beschickt, die hauptsächlich im Frühjahr, nach dem Aufwachen, verzehrt werden. Im Spätsommer speichern die Siebenschläfer möglichst viel Fett, bevor sie in kleinen Gesellschaften die Winternester aufsuchen, um von September/Oktober bis Anfang Mai/Juni Winterschlaf zu halten. Falls in Gebäuden im Winter günstige Temperaturen herrschen und die Siebenschläfer gute Nahrungsbedingungen vorfinden, können sie ihren Winterschlaf verkürzen, unterbrechen oder sogar ganz auf ihn verzichten. Im Sommer kommen nach vierwöchiger Tragzeit 3-7 nackte und blinde Junge zur Welt, die mit 5-6 Wochen selbständig werden.

Die Römer hielten Siebenschläfer in ummauerten Gärten (Glirarien) und Tongefäßen, um die gemästeten Tiere als Delikatesse zu braten und dann zu verspeisen.

Auch in Bauernregeln und Legenden wird der Siebenschläfer erwähnt. Feinde sind vor allem Wildschweine und Füchse, die im Winterschlaf befindliche Siebenschläfer ausgraben. Weiterhin sind sie durch Eulen, Baum-, Steinmarder und Hauskatzen gefährdet.

Gartenschläfer (Eliomys quercinus)
Der Gartenschläfer (Gesamtlänge über 20 cm, Körpergewicht zwischen 60 und 140 g) ist größer als die Haselmaus, aber kleiner als der Siebenschläfer. Durch sein rötlichbraunes Rückenfell, den weißen Bauch und seine charakteristische schwarze Gesichtsmaske, die von der Oberlippe um das Auge bis hinter die Ohren reicht, ist er gut vom Siebenschläfer zu unterscheiden. Er ist in Deutschland seltener als Haselmaus und Siebenschläfer. Gartenschläfer zählen zu den besonders geschützten Arten. Sein Verbreitungsgebiet ähnelt dem des Siebenschläfers, wobei er ökologisch anpassungsfähiger und weniger an bestimmte Biotopstrukturen gebunden ist. Allerdings ist er weitgehend Bodenbewohner und fühlt sich besonders in Obstgärten und Weinbergen wohl. Darüber hinaus findet man ihn in Misch-, Laub- und Nadelwäldern, häufig auch im felsigen Gelände. Als Kulturfolger sucht er gelegentlich Jagdhütten, Stallungen oder Häuser in Waldnähe auf. Die Überquerung von Wiesen, Wegen sowie Straßen stellt für die Tiere dabei kein Hindernis dar. Bei der Wahl ihrer Nester, Tagesverstecke und Schlupfwinkel sind Gartenschläfer äußerst vielseitig. Das können verlassene Spechthöhlen sein, Hohlräume unter Rinden, zwischen Steinen und Felsen, Erdhöhlen unter Baumwurzeln, Mäusenester im Boden, verlassene Vogelnester, Eichhörnchenkobel oder Vogelnistkästen. Die Gartenschläfer nutzen aber auch Zwischenräume in Holzstapeln, unter Dachziegeln oder sonstige Verstecke in Gebäuden. Frei stehende, selbst gebaute Nester sind die Ausnahme. Den größten Teil des Tages verbringen sie in ihren Schlupfwinkeln und werden erst in der Dämmerung aktiv. Zwischen Mai bis August kommen 3-6 Junge zur Welt, die bei der Geburt nackt und blind sind und erst nach 18 Tagen ihre Augen öffnen. Etwa 6 Wochen nach der Geburt sind sie selbständig. Den Winterschlaf verbringen die Gartenschläfer von Oktober bis März in ihren Nestern. Sie nutzen stärker tierische Kost. Insekten und Schnecken stehen ebenso auf dem „Speisezettel“ wie Frösche, Eidechsen, Vögel, Vogeleier und Kleinsäuger. Obst, Wildfrüchte, Nüsse und Weintrauben werden jedoch nicht verschmäht, weshalb man ihnen und allen anderen Bilchen in Obstanbaugebieten lange nachgestellt hat. Feinde sind Eulen, Baum-, Steinmarder, Iltis, Fuchs und Hauskatzen.

Haselmaus (Muscardinus avellanarius)
Die Haselmaus ist viel kleiner als Siebenschläfer und Gartenschläfer. Ihre Gesamtlänge beträgt 13-15 cm, bei einem Gewicht von 15-20 g. Die Färbung der Oberseite ist graugelb bis rötlichgelb, wobei die Unterseite etwas hellere Töne zeigt. Wie auch bei den anderen Schläferarten streift sich bei festem Zufassen die Schwanzhaut leicht ab. Der nun freiliegende Teil der Wirbelsäule mit den dazugehörigen Nerven, Gefäßen usw. vertrocknet und fällt später ab (Autotomie, wie  bei Eidechsen). Die Haselmaus zählt zu den streng geschützten Arten. Sie ist ein „Buschtier“ und lebt in dichtem Unterholz von Laubwäldern, in Haselbeständen, Geißblatt-, Himbeer- oder Brombeerdickichten und klettert mit großer Gewandtheit kopfüber oder kopfunter im Gezweig herum. Frei an den Hinterfüßen hängend kann sie Haselnüsse benagen. Als einzige Schlafmaus besiedelt sie auch feuchte Wälder, wie Erlenbruchwälder. Selbst in Schilfgürteln von Seen, Bächen oder Flüssen sind Haselmäuse zu finden. Sie ist weniger von geschlossenen Waldgebieten abhängig, wie der Siebenschläfer und dringt auch in Feldhecken sowie Gebüsche im Brachland vor, wobei sie bei ihren Wanderungen auf Hecken angewiesen ist. Entlang dieser linearen Strukturen können die Tiere freie Landschaftsbereiche wie Wiesen oder Ackerflächen überbrücken. Lücken in Hecken von mehr als 6 m werden von den baumkronenbewohnenden Haselmäusen kaum noch überwunden. Die Sommernester hängen im Gezweig, meist 2 m über dem Boden. Sie sind etwa faustgroß, haben einen seitlichen Eingang und sind sorgfältig aus Halmen, Moos und Laub geflochten. In diesen Nestern verschlafen die Haselmäuse den Tag, um mit Einbruch der Dämmerung auf Nahrungssuche zu gehen. Als Pflanzenfresser leben sie von Eicheln, Nüssen, Bucheckern, Beeren, Früchten, Baumknospen, Grassamen, aber auch von Insekten, Raupen und Vogeleiern. Im Sommernest wirft das Weibchen im Mai/Juni 3-6 Junge, die mit 30 Tagen den Familienverband verlassen. Das Winternest wird in Baumhöhlen, oft auch in Bodenvertiefungen oder unter Steinen gebaut, innen gut ausgepolster und mit Wintervorräten versehen. Der Winterschlaf dauert von Mitte Oktober bis Anfang April.

Die Haselmaus hat viele Feinde, die ihr nachstellen, z.B. alle nachtaktiven Beutegreifer wie Waldkauz, Waldohreule und Marder. Sie muss auch Wiesel, Hauskatzen, Eichhörnchen, Rabenvögel und andere Schläfer  fürchten, wenn diese ihr Nest entdecken und plündern. Vor allem aber gefährden Verluste der Lebensräume die Haselmaus. Wegen ihrer versteckten Lebensweise ist die Verbreitung und Häufigkeit der Haselmaus bislang nur sehr unzureichend erfasst. Im Laubwald des Main-Taunus-Kreises fand der Autor vor einigen Jahren in seiner Wochenendhütte nahe Hofheim-Lorsbach ein Weibchen mit drei Jungen beim Winterschlaf. Mehrere der schlafenden Tiere waren, vor allem in der Augengegend, stark von Zecken befallen. 

Schutzmaßnahmen Folgende Schutzmaßnahmen werden für die Bilche empfohlen: · Erhalt und Entwicklung von Laub- und Laubmischwäldern mit gut strukturierten Waldrändern und Lichtungen, · Erhalt und Vermehrung der Strukturvielfalt in den Wäldern (gebüschreiche Waldsäume und Waldlichtungen, ausgeprägte Krautschicht, Unterholz, Gebüschdickicht, Höhlenbäume),· Erhalt und Entwicklung von nährstoffarmen Saumstrukturen, · Verzicht auf Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, insbesondere Rodentiziden, · reichliches Angebot künstlicher Nisthöhlen. Der Schlafmaus-Nistkasten muss wärmegedämmt, also fugenlos aus mindestens 3 cm dickem Holz gebaut werden. Das Einschlupfloch sollte max. 6 cm betragen, und der Kasten ist an einem kälte-, wind- und regengeschützten Platz aufzuhängen. Wo Katzen und Marder die Umgebung regelmäßig kontrollieren, verringern sich die Überlebenschancen der Bilche.
Dort, wo noch Schlafmäuse vorkommen, sind die Lebensräume zu erhalten, um damit längerfristig den Bestand der Populationen zu sichern. In Gebieten, wo Schlafmäuse natürlich vorkamen, inzwischen aber verschwunden sind, sollte versucht werden, die Lebensbedingungen für die Tiere so zu verbessern, dass sich neue Populationen ansiedeln können. Dafür sind strukturreiche Wälder mit breitem Waldsaum anzulegen. Durch das Zusammenfügen von Ästen im oberen Strauchbereich erleichtert man der Haselmaus das Erschließen neuer Gebiete, da die Tiere vermeiden, den Boden direkt zu überqueren. Wegen häufigem, starken Zeckenbefall sind alle Schlafmäuse Reservoire für die  Borreliose.

Literaturhinweise
BIEBER, C. (1996): Erfassung von Schlafmäusen und ihre Bewertung im Rahmen von Gutachten; Bonn – Bad Godesberg.
BRAUN, M. & DIETERLEN, F. (2005): Die Säugetiere Baden – Württembergs, Band 2; Stuttgart. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2007): Das Lebensraum-Buch; Berlin.
GRIMMBERGER, E. (2014): Die Säugetiere Deutschlands; Wiebelsheim.
GRIMMBERGER, E. (2017): Die Säugetiere Mitteleuropas; Wiebelsheim.
HENZE, O. & GEPP, J. (2004): Vogelnistkästen in Garten und Wald; Graz.
Hessen-Forst (2006): Natura 2000 praktisch – Merkblätter zum Artenschutz im Wald; Kassel – Gießen.
Hessen-Forst (2010): Die Haselmaus in Hessen, Artenschutzinfo Nr. 3; Gießen.
JUSKAITIS, R. & BÜCHNER, S. (2010): Die Haselmaus; Hohenwarsleben.
RICHARZ, K. & HORMANN, M. (2008): Nisthilfen für Vögel und andere heimische Tiere; Wiebelsheim.
SCHAEFER, M. (2000): BROMER – Fauna von Deutschland; Wiebelsheim.

 Dr. Hartmut Poschwitz, Biologe/Geograph, Dreieich/Hessen

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Thünen-Institut für Waldökosysteme

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